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Hundewellness in Guntersdorf

Schon lange wollte ich meine Erlebnisse zu Papier bringen. Versprochen ist versprochen.
Aber von Anfang an: Mein Name ist Petra Weidelich. Mein Mann Hartmut und ich leben zwischen Bodensee und Schwarzwald und sind Doggenfans. Natürlich lieben wir ebenso andere Tiere. Aber wie Gabi, sind wir dieser Rasse doch mehr verfallen.
Wir lernten Gabi leider unter sehr betrüblichen Umständen kennen. Es war 2004, als nacheinander unsere 3 Doggen verstarben. Wer liebender Hundebesitzer ist, kann nachfühlen, wie es uns damals ging. Auf der Suche nach armen, alten Doggen, denen wir wieder eine Heimat bieten wollten, landeten wir im Internet bei den Tierfreunden Niederbayern. Aus dieser Zeit heraus entstand doch eine fruchtbare Freundschaft.
Nach einigen Besuchen stand bei mir fest: Ich wollte aktiv etwas helfen. Dem steht ja in Guntersdorf nichts im Wege. Bahn frei für aktive, arbeitsame, tierliebe und bekloppte Menschen. Da wir doch etwas weiter weg wohnen, kann man nicht mal eben schnell am Wochenende auf einen Sprung vorbeikommen. So entstand mein Plan, jedes Jahr eine Woche meines Urlaubs als Vertretung im Guntersdorfer Tierheim zu „spenden“. Die Vorsätze sind ehrenhaft, doch muss bedacht werden, dass man nicht ohne weiteres geeignet ist, um ein Rudel Hunde alleine zu versorgen. Ob es klappt oder nicht, stellt sich erst in der Realität heraus.
2005 war mein erster Einsatz. Gabi blieb noch ein paar Tage, um sicher zu sein, dass es funktioniert. Es hat funktioniert, und so war ich 2006 und 2007 ebenfalls da. Erzählen möchte ich von meinem Einsatz 2006. Dieser bleibt mir noch lange im Gedächtnis.

Es war im April. Ich freute mich schon auf den Besuch in Guntersdorf. Rege wurde vorher telefoniert. Wie viele Hunde sind gerade da? Gibt es etwas Besonderes? OH JA…….das gab es. 2006 im Februar wurde die Doggenmischlingshündin Belly hochträchtig gerettet. Sie war die Mutter des Jahres, die 15 wundervollen Welpen das Leben schenkte.

Gabi : „Petra, bis Du kommst sind die meisten der 15 Welpen bei Ihren neuen Besitzern. Ansonsten sind noch 7 große Hunde da. Darunter Alfons, Kukschi….etc.“
Petra : „Ich freue mich……“
Die Welpen waren 8 Wochen alt, als ich kam. Leider klappte der Umzug zu den neuen Besitzern nicht, da der Durchfall unter den Welpen grassierte und man die Hunde nicht impfen konnte. Was tun?
Gabi : „Petra, was sollen wir tun? Wir können dich doch nicht mit 15 Welpen und 7 Hunden alleine lassen.“
Petra : „Doch, es wird schon gehen. Ihr braucht doch den Urlaub nach der Aufzucht und überhaupt.“

Gabi organisierte noch tageweise Hilfe. Dann kam die große Einweisung und das Abenteuer begann.
Bestimmt hat jeder schon ein paar Welpen gesehen. Aber vermutlich keine 15 auf einem Haufen in schon beachtlicher Größe, die wie ein Sturzbach durch die Gegend fegten und nur in den wenigen Momenten, wenn sie schliefen, Ruhe hielten. Dazwischen die großen Hunde, die sich fast nicht mehr retten konnten vor dem Spieldrang der Kleinen. Und natürlich waren die Betten der großen Hunde wesentlich bequemer als alles andere.
Am Sonntag war ich dann ab mittags alleine. Am schwierigsten war für mich, anfangs alle Welpen auseinander zu halten. Einige waren sich farblich doch sehr ähnlich. Aber wie bei Kindern. Jedes war schon eine kleine Persönlichkeit und bald kannte ich sie genau. Ich hatte alle zum Fressen gern, doch hatte ich auch einen Liebling, und das war natürlich der frechste und größte Rowdie der Truppe, der immer seine Geschwister piesackte, wo er nur konnte. Zum Schluss hieß er bei mir nur noch liebevoll „Norman, der kleine Drecksack“!!!!
Eigentlich bestand der Hauptteil des Tages darin, das Fressen für die Kleinen zu richten. Da Sie Durchfall hatten, kochte ich in erster Linie Reis ab. Tag und Nacht!!

Einen besonderen Augenmerk musste ich auf Alfons haben. Der taube, weiße Doggenrüde. Gabi und Lynn waren sich nicht sicher, ob er die Kleinen nicht zum Fressen gern hätte!!! Also, bevor er raus durfte in den Garten, mussten alle Welpen rein ins Haus. Ich zählte mich dumm und dämlich. Zeitweise zählte ich 16 Welpen und kam nicht darauf welcher doppelt war. Aber lieber 16 als 14 Welpen!!!

Der Tag begann früh. Die Welpen logierten nachts zur Sicherheit in der Küche. Diese wurde tonnenweise mit Zeitungspapier und Decken ausgelegt. Es darf der Phantasie der Leserschaft überlassen sein, welcher Anblick sich morgens bot bei 15 Welpen, 8 Wochen alt!!!!!!!!!!!!!!
Gummistiefel waren in dieser Zeit meine erklärten Lieblingsschuhe.
Montag morgen begann fröhlich. Die Welpen nach draußen entlassen, die Küche am reinigen. Plötzlich heftiges Gebell von draußen. Ich stürzte in Panik raus.
Kurzer Hinweis: Meine größte Sorge war, dass mit den Welpen etwas passierte. Ich hätte mich noch vor Gabis und Lynns Ankunft im Morgengrauen erschießen lassen können!!

Wer das Gelände in Guntersdorf kennt, weiß, dass sich inmitten des alten Bauerngartens eine alte Scheune befindet, welche abgeschlossen ist und nur vom Vermieter genützt wird. Daneben stapeln sich Dachziegel, Holz etc. Die Angewohnheit von Ingrid (eine schwarze Mischlingshündin) war, ab und an auf dem Dach der Scheune Patrouille zu laufen. An diesem meinem ersten Morgen hatte Belly beschlossen, als 1.Adjudant mit zu laufen. Das Dumme war nur, hoch aufs Dach ging prima, aber runter? So rannte sie verzweifelt auf dem Dach hin und her. Währenddessen Ingrid schon wieder im Garten herumstromerte. Alle Welpen fanden das toll. Mama auf dem Dach! Die anderen Hunde gesellten sich ab dem Getöse dazu. Wie bekommt man einen großen schweren Hund von einem wackligen Dach? Locken? Keine Chance! Einen baufälligen Stapel erklimmen, um selbst auf das Dach zu kommen? HaHaHa!! Derweil die Welpen ebenfalls testeten ob es einen Weg nach oben gab. Mein Glück war, dass Belly eine der imponierendsten Hundepersönlichkeiten war, die ich je kennengelernt hatte. Schlussendlich zog ich sie am Halsband auf mich und unter dem johlenden Beifall der Gaffer stürzten wir in die Tiefe. Dusel gehabt. Nichts war uns passiert.
Eine besondere Freude hatten die Welpen am Erkunden des Geländes. In dieser Woche war bis auf 2 Tage Regen das Wetter gut. Mitunter kam es mir vor, wie Piraten daran zu hindern, alles zu entern.

1. Der Teich
Er musste ständig verbarrikadiert werden. Die Welpen wollten unbedingt schon schwimmen lernen.
2. Die Scheune
Bald fanden sie Wege, um unter den Sparren hinein zu kriechen. Ein toller Spielplatz! Es begann zu regnen und ich wollte alle ins Haus bugsieren. Da hörte ich einige der lieben Kleinen in der abgeschlossenen Scheune rumoren. Einige fanden wieder hinaus. Aber natürlich nicht alle!!! Ich rannte um die Scheune rief, lockte. Natürlich regnete es jetzt in Strömen. Bis auf einen Welpen waren alle im Haus. Filmreife Szene : ich versuchte, den Welpen dort herauszulocken, wo alle kurz vorher fröhlich sich den Weg nach innen gebahnt hatten. Aber alleine war man doch nicht mehr so mutig. Schlüssel, wo gab es Schlüssel für die Scheune? Nirgends! Der Welpe, es war Zippi, bellte immer verzweifelter. Ich rannte weiter um die Scheune. Am anderen Ende dann ein Lichtblick. Zippi hatte innen eine kleine Mulde unter einer Tür entdeckt. Ich grub mit bloßen Händen im losen Dreck, auf der anderen Seite grub Zippi mit beiden Pfötchen. Bald konnte ich sie packen. Ich holte noch schnell eine Schaufel, um es zu beschleunigen. Als ich wieder kam, war sie weg. Ich in Panik: Buddeln, rufen und dazu noch pitschnass. War ihr etwas in der Scheune passiert? Plötzlich hinter mir ein Geräusch, ich drehe mich um. Zippi hoppelt fröhlich zu mir.
Doch den Rückweg gefunden! Ich grabe das Loch wieder zu und beende meine Fitness.
3. Das Gemüsegärtchen
Dort wurden alle Küchenabfälle entsorgt. Die Welpen dürfen nicht in das Gärtchen! Von wegen!!
Ich war gerade dabei, dem beliebtesten Sport in Guntersdorf nachzugehen:
Hundehäufchen sammeln. Das kann man sich vorstellen wie Ostern und Eier suchen. Das Schöne ist, es ist nicht nur einmal im Jahr.

Plötzlich meine ich, Bewegungen im Gärtchen zu sehen. Tatsächlich, da hoppeln die lieben Kleinen herum. Ich hinein und hebe ca.4 Welpen heraus und mache das Türchen unten dicht. Kurze Zeit später. Wieder Getobe im Garten. Verflixt noch mal, habe ich welche vergessen, oder haben die sich versteckt? Nochmals 3 Welpen entfernt. Kurze Zeit später wie zum Hohne. Wieder 3 Welpen im Garten! Wer kennt die Geschichte von Sisyphus? Genau! So kam ich mir auch vor. 3 raus, 4 wieder rein. Aber wo? Adlerauge sei wachsam: ich legte mich unbemerkt auf die Lauer. Tatsächlich zeigten mir die lieben Kleinen mindestens 3 Stellen im Zaun, wo man doch durchschlüpfen konnte. Sie waren schon als klein sehr schlau. Da drückten dann doch die mütterlichen Gene durch.
Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass neben dem Reis kochen, Pfützen und Häufchen putzen das Verbarrikadieren sich ebenfalls zu einer großen Leidenschaft entwickelte.
Unter anderem musste ich in dieser Woche einen Welpen noch zwischen Bambusgeflecht, Zaun, Brettern und ich weiß nicht was noch alles regelrecht heraus operieren. So hatte er sich verkeilt.

Vergessen möchte ich ebenfalls nicht die netten Anrufe die tagtäglich eingehen. Aber ich war ja Gott sei Dank nur die Urlaubsvertretung!!!
Hier ein paar Auszüge und die Quintessenz:

Ein Herr aus Düsseldorf : „Hallo, ich suche eine Dogge.“
Ich: „Im Moment ist leider keine da, aber meines Wissens sollen aus Frankreich welche kommen.“
Er: „Ich spreche kein Französisch!“
Ich (verdutzt und konsterniert, meint der das ernst? Ja!) sehr höflich: „Wissen Sie, mein Doggenrüde ist ebenfalls aus Frankreich. Der hat dann Deutsch gelernt.“
Er: „Ja dann……….“

Eine Dame aus dem Ruhrpott :“Ich interessiere mich für …..“
Ich : „Schön, Frau Hesel ist am Wochenende wieder da.“
Sie :“Wo ist denn der Hund?“
Ich :"Wie die Adresse eben lautet, in Niederbayern bei Landshut.“
Sie : „Ja - wird der Hund dann eingeflogen?“
Ich : „Häh………..?“

Und noch viel mehr lustige Sachen, die den Rahmen dieser Erzählung sprengen würden. Meine Hochachtung gilt der Engelsgeduld der Tierheimleiterinnen!!!!!!!
Natürlich ging das Telefon immer in den günstigsten Momenten……….

Wenn ich dann abends geschafft auf einem Eckchen der Sofas lag, mit mindestens 3 Welpen auf mir drauf, und alle zufrieden schnauften und mindestens einer wieder ein Bächlein irgendwo hinsetzte, war ich glücklich. Und was war am schlimmsten? Sich dann noch aufrappeln, die Küche ausstaffieren und 15 schlafende Welpen in die Küche tragen!

Die Waschmaschine und der Trockner laufen Tag und Nacht. Der Ofen will gefüttert werden, da es noch sehr kalt nachts ist. Die großen Hunde haben ebenfalls ein Recht auf Streicheleinheiten und Fressen. Die Stunden vergehen wie im Fluge, und es stellt sich ein bestimmter Rhythmus ein, der allein auf das Wohle der Welpen zugeschnitten ist.
Immerhin habe ich es mir nicht nehmen lassen, ein paar große Hunde mit dem guten Teebaumölshampoo zu waschen. Ich weiß aber nicht wirklich, ob sie sich gefreut haben. Alle haben aber stillgehalten. Belly, Sancho, Alfie…
Ich wollte doch, dass bei der Rückkehr alle so gut wie möglich aussehen sollten.
Mich habe ich leider bei der Aktion vergessen…….

Dies ist nur ein kleiner Auszug der Woche, die mir immer im Gedächtnis bleiben wird. Ich habe in dieser Woche meine Frühjahrsdiät beschleunigt und 3 Kilo abgenommen. Auch wenn ich ständig am Fressen kochen war, meins habe ich darob meist vergessen…..
Wenn mich jetzt jemand frägt, wo ich die ganz besondere Urlaubs-Woche verbringe, heißt es nur noch :
Ich bin zur Hundewellness in Guntersdorf!

(Petra Weidelich)