Die Slapstick-Nummer
am Flughafen
Ich war um Hilfe bei dem
Weitertransport einer mit Touristen aus Spanien eingeflogenen Hündin
gebeten worden. In der Ankunftshalle des Münchner Flughafens übernahm
ich also eine dieser geräumigen Boxen, mit der man Riesenhunde im
Flugzeug transportieren kann, darin saß ein Doggen-Mädchen, 60 Kilo
schwer - netto.
Ich öffnete die Gittertür nur einen
Spalt breit, damit die Hündin nicht etwa herausspringen und weglaufen
könnte. Nichts allerdings lag ihr ferner. Ganz im Gegenteil. Sie hatte
von der Beruhigungstablette noch kräftig Schlagseite, spreizte sich
aber auch im Halbschlaf entschlossen gegen den Rahmen der Box; völlig
unmöglich, die Hündin gegen ihren Willen da herauszuzerren. Mühsam
montierte ich zusammen mit den Leuten, die sie mitgebracht hatten, den
Deckel ab; das Unterteil des Transportkäfigs ließ sich dann so kippen,
daß die sedierte Hündin einfach herausglitt. Das brachte uns aber auch
nicht viel weiter; die Dogge lag matschig und platt wie eine Flunder auf
dem Boden mitten in der Ankunfshalle, und dann verabschiedeten sich auch
noch ihre Flugpaten, rasch, um ihren Anschlußzug nicht zu verpassen.
Ich, allein, optimistisch: „Na komm, Mädel, steh auf, du kannst doch
nicht hier liegenbleiben!“ Sie, groggy: „Laß mich in Ruh, mir is’
schlecht!“ Versuchsweises Ziehen an der Leine brachte mir nur die
Erkenntnis, daß sie sich eher den Kopf würde abreißen lassen, als
aufzustehen. Die Leute in der Halle wurden nun schon aufmerksam,
neugierig, wie ich mein Problem lösen würde. Ich mußte also
versuchen, den schlaffen Hundekörper hochzuheben.
Wer Walt Disneys Zeichentrickszene „Bambi auf dem Eis“ kennt, kann
sich diesen Anblick am ehesten vorstellen. Ich zerrte mein 60-Kilo-Bambi
vorne hoch, bis die Pfoten auf den glattpolierten Bodenfliesen standen;
doch sobald ich losließ, um mich dem Hinterteil zuzuwenden, rutschten
die Vorderbeine auseinander, das Kinn schlug auf die Fliesen. Auch der
Po sackte jedesmal weg in dem Moment, als ich ihn der Schwerkraft
überließ.
Schon klebten meine Haare an der schweißnassen Stirn. Animierende
Blicke in Richtung auf einige umstehende - starke - Männer konnten
diese aber nicht dazu bewegen, ihre Hände aus den Hosentaschen zu
nehmen, wo sie sie in Sicherheit wähnten vor dem großen, schwarzen
Hund.
Auch Streicheln, Massieren und aufmunterndes Klopfen (der Hündin, nicht
der Männer!) konnten die Wirkung der Schlaftablette nicht vertreiben.
Schon trug ich mich mit dem Gedanken, mich einfach daneben auf den Boden
zu setzen, bis sie ausgeschlafen hätte. Da nahte unerwartet Rettung in
Pumps und blauem Kostüm, eine Flughafenangestellte, nach ihrer Arbeit
und bereits auf dem Weg nach Hause: „Kann ich Ihnen helfen?“ Beherzt
griff sie zu, sie hinten, ich vorne, hoben wir das schwarze Mädel hoch;
aber Bambi glitt gleich wieder zu Boden. Entschlossen lächelnd angelte
die Hilfsbereite sich ein Telefon, bat eine Kollegin, mit einem
Elektrowagen in unsere Halle zu kommen.
Dann war alles ganz einfach. Zu zweit
wuchteten wir die Hündin auf die Kofferablage, stellten uns rechts und
links daneben, daß sie nicht herunterrutschen konnte, und die
Chauffeurin des Elektrowagens kutschierte uns bequem quer durch die
Halle - im Triumphzug vorbei an den Männern mit den Händen in den
Hosentaschen, die sichtlich bedauerten, daß diese Slapsticknummer schon
zu Ende sein sollte -, also durch die Halle, geschickt in
Zentimeterarbeit zwischen den Glastüren hindurch und hinaus auf den
Parkplatz, direkt an die Tür meines Transporters.
Wieder schlangen sich vier nur mäßig trainierte Frauenarme um die
schlaffe Hündin, stemmten sie hoch.
Als wir mit vor Anstrengung angehaltenem Atem und verkniffenen Lippen
das Mädel ins Auto hievten und die Frau im blauen Kostüm schnaubte:
„Ich glaub, mein Deo lässt mich im Stich!“, hätten wir die Hündin
beinah doch noch fallengelassen, vor Lachen.
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