1999 wurde ich im April - und
zwar in der Walpurgisnacht - als Jüngster von drei Kätzchen geboren.
Damals ahnte ich nicht, wie furchtbar die ersten eineinhalb Jahre meines
Leben werden sollten, sonst wäre ich lieber nicht geboren worden - aber
eigentlich hat mich ja keiner gefragt....
Ende November ging ich abends
mal zur Toilette und schaute mich in meinem Revier etwas um. Wie es
passierte, weiß ich nicht mehr, aber ich kam mit einem gebrochenen
Hinterlauf nach Hause, was noch am gleichen Abend der Tierarzt
feststellte. Eigentlich war ich ganz gut drauf, in Schonhaltung
schmerzte das Bein nicht sehr.
Der Doc in Essenbach machte für mich einen Termin beim
Knochenspezialisten. Und so wurde mir am 1. Dezember eine Stahlplatte
mit acht Schrauben eingesetzt (Narkose Nummero 1.). Immer noch ziemlich
gut drauf durfte ich nach 6 Wochen Miezzimmer-Arrest wieder in die freie
Wildbahn.
Ein halbes Jahr Leben in Saus und Braus, die Stahlplatte war mir
ziemlich egal. Der Knochen heilt - dachte ich. Die Docs schraubten dann
die Platte wieder raus (Narkose Nummero 2), wieder eine Woche
Miezzimmer-Arrest und dann raus in die Sonne (mittlerweile war es ja
schon Sommer). Logisch, daß ich dann gleich mal eine Nacht draußen
blieb. Wie es zugegangen ist, ist auch mir ein Rätsel, jedenfalls brach
ich mir schon wieder das Bein, diesmal zwischen zwei Schraubenlöchern.
Also wieder zu den Tierärzten; ich bekam einen Stahlnagel eingesetzt
(Narkose Nummero 3).
Da meine Dosenöffner Ela und
Egid durch die erste Operation finanziell bereits sehr geschwächt
waren, wäre ich getötet worden, wenn nicht die Tierfreunde mein Leben
durch eine kräftige Finanzspritze gerettet hätten.
Also - jedenfalls nach der Stahlnagel-Operation wieder Arrest, langsam
merkte ich leichte Depressionen, hatte keinen Bock mehr, ständig im
Miezzimmer zu hocken. So tobte ich in diesem Zimmer so lange umher, bis
ich mir den Nagel verbog. Der Doc in Essenbach schüttelte nur noch den
Kopf und sagte: “I ko den Zipfi einfach net ei‘schläfern!”
Er bog den Nagel - äußerst vorsichtig - nahezu gerade (sechs
Röntgenbilder, Narkose Nummero 4). Langsam verließ mich der Lebensmut.
Jetzt mußte ich jeden Tag zum Doc, denn ich bekam das Bein an den Leib
gebunden. Der Verband wurde täglich erneuert. Ich hatte keine Lust
mehr, wollte nicht mehr miauen - Ende. Doch weit gefehlt. Nach einer
Woche gelang es mir, den Verband abzumachen und den Nagel ganz
durchzubrechen. Doch dieser so klug eingefädelte Selbstmordversuch
scheiterte. Meine Dosenöffnerin brach beim Tierarzt in Tränen aus.
Dramatik pur. Sie bekam jetzt auch noch ihr Baby und konnte mir nicht
mehr helfen. Doch da waren die Tierfreunde Niederbayern zur Stelle. Eine
gewisse Gabi, die ich nicht näher kenne, brachte mich zum Tierarzt.
Keine Rede von Einschläfern - der Doc operierte mich vier Stunden lang
- am Samstagnachmittag (Narkose Nummero 5)! Eine gewisse Lisa, die ich
auch nicht kenne, holte mich dann wieder ab.
Mir reichte es jetzt völlig.
Ich hatte eine Katzenpsychose. Ich - Pfefferminzi Seitz - wollte nicht
mehr leben, denn ich mußte in einen Zwinger, und zwar so lange, bis der
Knochen stabil war. Bachblüten und homöopathische Kugeln sollten meine
Psyche reparieren! Einmal in der Woche zum Röntgen - den Rest der Zeit
saß ich in meinem Zwinger im Miezzimmer und starrte vor mich hin.
Wollte mich jemand streicheln, so wehrte ich mich und war hysterisch.
Ich mußte aus dem Zwinger raus, das erkannten auch meine Menschen. Da
wurde das Miezzimmer völlig ausgeräumt, das Fenster verbarrikadiert,
damit ich nirgends mehr raufspringen konnte, aber so hatte ich die
Möglichkeit, wenigstens zur Tür rauszuschauen. Langsam wirkten dann
doch die Bachblüten und Medikamente, ich konnte mich wieder anfassen
lassen - wenngleich ich noch äußerst schreckhaft war, wohl
verständlich, oder?
Ein Viertel Jahr Schutzhaft, dann war es endlich so weit. Ich durfte
raus; recht zaghaft diesmal erkundete ich die Umgebung. Das psychische
Trauma hab ich heute vergessen. Außer einem gelähmten Schwanz
behindert mich nichts. Ich kann sogar senkrecht den Maschendrahtzaun
erklimmen, Vögel fangen und Mäuse jagen. Kurz gesagt: Mi freids Leb‘n
wieda.
Euer Pfefferminzi Seitz